Francesca Catastini
Ein Schlafzimmer in Grau- und Weißtönen, eine Steinbüste, deren Augen von Händen verdeckt werden, eine weitere steht auf einem Nachttisch. Der Kopf liegt daneben, dazwischen mit dunklem Holz dekorierte Innenräume. Francesca Catastini zielt in ihrer fotografischen Arbeit darauf ab, die Idee der Trennung zu überwinden und setzt Bilder mit Bildern, Text oder anderen Objekten in Interaktion. Durch diesen Prozess der kontinuierlichen Erfindung und Schichtung werden neue Bedeutungen aktiviert.
Die Galerie OstLicht präsentiert Arbeiten aus Francesca Catastinis Serien The Modern Spirit Is Vivisective und Petrus.
In The Modern Spirit Is Vivisective befasst sich die Künstlerin mit dem Phänomen des öffentlichen Sezierens. Am Ende des XVI. bis zum XVIII. Jahrhundert wurden hingerichtete Sträflinge in den so genannten anatomischen Theatern einmal im Jahr öffentlich seziert. Im Saal saßen Student:innen, Professor:innen, Würdenträger:innen und zahlendes Publikum. Diese Theater bilden den Ausgangspunkt von Catastinis fotografischer Serie. The Modern Spirit Is Vivisective ist eine Auseinandersetzung mit der Theaterarchitektur und eine Reflexion über die beobachtende Rolle des Publikums, das – egal ob Laien oder Fachleute – Zeuge der Segmentierung menschlicher Körper wurde.
In Petrus geht Catastini dem menschlichen Drang nach, sich selbst und die Welt durch spezifische und vertraute Formen zu definieren. Catastini betrachtet deren symbolische Gewalt, die Art und Weise, wie sie Menschen formen und Ansichten prägen. Die Form ist niemals stabil, sie ist Ergebnis einer nicht endenden Spannung unterschiedlich wirkender Kräfte. In einer zynischen, zärtlichen und willkürliche Analyse spielt Francesca Catastini in Petrus mit Archetypen und Bildern. Mit dem titelgebenden Namen „Petrus“ bezieht sich die Künstlerin auf eine gleichnamige Spirituose, die in den 1970er Jahren als „das perfekte Getränk für den starken Mann“ und „den Mann, der nach der Natur lebt" galt. „Aber was ist Natur?“, fragt Catastini.
Die Galerie OstLicht zeigt Francesca Catastinis Werke erstmals in Österreich.
Francesca Catastini wurde 1982 in Lucca, Italien, geboren und lebt und arbeitet in Wien. Im Jahr 2009 erwarb sie ihren Master-Abschluss in Fotografie und Visuellem Design an der NABA Akademie in Mailand. 2016 wurde ihr Buch The Modern Spirit Is Vivisective mit dem ViennaPhotoBookAward ausgezeichnet. Im selben Jahr nahm sie an einer Reihe von Ausstellungen von Künstler.innen teil, die Bücher und Publikationen in ihrer künstlerischen Praxis verwenden, darunter Ouvrage in Twenty 14 Contemporary, Mailand, und Burning with Pleasure, in der Matèria Gallery, Rom. 2019 erschien ihr zweites Buch Petrus im Kehrer Verlag. Die Arbeiten von Francesca Catastini wurden in zahlreichen internationalen Ausstellungen präsentiert, darunter NOT ONLY HISTORY, BUT OUR MEMORIES, in Podbielski Contemporary, Mailand (2021), Resistance and Sensibility, im Fotografie Forum Frankfurt (2020), Un anno lungo un giorno im Centro per l'Arte Contemporanea Luigi Pecci, Prato (2020), Meitar Award for Excellence in Photography, Tel Aviv (2019), Futures Photography im Westergastheater, Unseen, Amsterdam (2019); Fotografe italiane 1965–2018 im Palazzo delle Esposizioni, Rom (2018), MACRO in Factory, Rom (2018), Plat(t)form im Fotomuseum Winterthur (2017), Feminine Masculine auf der London Art Fair (2016). Zudem wurde Francesca Catastinis Werke von der CAMERA Torino für FUTURES photography (2019) ausgewählt.