OstLicht Prisma – der neue monatliche Newsletter. Wie ein Prisma das Licht in seine Farben bricht, beleuchten wir die Fotografie in all ihren Facetten – von historischen Entwicklungen über künstlerische Strömungen bis zu aktuellen Trends.
Der Begriff Vintageprint bezeichnet einen frühen fotografischen Abzug: ein Positiv, das in zeitlicher Nähe zur Aufnahme vom Originalnegativ entwickelt wurde, und zwar im Idealfall vom Fotografen oder der Fotografin selbst, mitunter auch von einem autorisierten Printer. Der Terminus dient vor allem zur Beschreibung von Abzügen aus der Epoche der analogen, chemisch fixierten Fotografie im 20. Jahrhundert, wobei es sich überwiegend um Silbergelatineabzüge auf Barytpapier handelt. Vom Vintageprint unterschieden werden später entstandene Abzüge einer Fotografie, also etwa Ausstellungs- und Editionsprints.
Da der Prozess der Positiventwicklung ästhetische Entscheidungen umfasst, wie Einflussnahmen auf den Bildausschnitt, die Belichtung oder die Wahl eines speziellen Fotopapiers, gelten Vintageprints als authentische Werke, die den auktorialen Intentionen am nächsten kommen. Allerdings müssen bei der Beurteilung von Abzügen neben der Entstehungszeit auch andere Kontexte berücksichtigt werden: So wurden beispielsweise im Fotojournalismus die frühesten, häufig nicht signierte, sondern von den Agenturen gestempelten Abzüge als Druckvorlagen für Printmedien hergestellt. Vielfach sind sie gesuchte Sammlerstücke, aber mitunter werden sie auch geringer bewertet als spätere, für Ausstellungen oder Editionen angefertigte größere, signierte Formate.
Die zeitliche Einschätzung von Abzügen erfordert langjährige Erfahrung: zunächst ein Verständnis von materialhistorischen Bedingungen, wie etwa die Beschaffenheit und Verfügbarkeit von Fotopapieren in verschiedenen Dekaden; außerdem die Kenntnis von möglichst vielen Abzügen aus dem jeweiligen Œuvre sowie individueller Usancen – erst dies erlaubt die Beurteilung von Merkmalen des Bildobjektes, handschriftlicher Vermerke oder Stempel. Verschiedene Abzüge genau vergleichen zu können, ist dabei essentiell. Für eine Reihe von fotografischen Positionen verfügt OstLicht sowohl über einen Bestandsumfang wie auch die fachliche Expertise, um diesbezügliche Einschätzungen vornehmen zu können.