HERLINDE KOELBL
JÜDISCHE PORTRAITS
05.02.–23.03.2008
HERLINDE KOELBL
JÜDISCHE PORTRAITS
05.02.–23.03.2008
In den Jahren 1986 bis 1989 porträtierte und interviewte die Fotokünstlerin Herlinde Koelbl deutschsprachige jüdische Persönlichkeiten, die der Shoah entkommen waren. Vom 5. Februar bis 23. März 2008 zeigt WestLicht. Schauplatz für Fotografie rund 35 dieser großformatigen Originalabzüge in Verbindung mit Zitaten aus den Interviews.
Um in den 1930er- und 1940er-Jahren dem Nazi-Regime und damit der Shoah zu entkommen, blieb den meisten Persönlichkeiten jüdischer Abstammung nur der Weg ins Exil. Nur wenige kehrten nach dem Krieg zurück in ihre alte Heimat. Herlinde Koelbl fotografierte und befragte sowohl jene, die heimkehrten, als auch jene, die es vorzogen, im Exil zu bleiben. Sie sprach mit ihnen über ihr Verständnis von jüdischer Tradition, Religion und Heimat; über ihre Haltung gegenüber Israel, Deutschland und Österreich. Die freilich sehr unterschiedlichen Antworten sind – jeweils in Verbindung mit den hochsensibel fotografierten Porträts – überaus persönliche Erinnerungen der einzelnen GesprächspartnerInnen. Unter den Porträtierten sind Alfred Eisenstaedt (Fotograf, Fotojournalist), Sir Ernst Gombrich (Kunsthistoriker), Karl Kahane (Industrieller), Teddy Kollek (Politiker), Marcel Reich-Ranicki (Literaturkritiker), Georges Tabori (Schauspieler, Regisseur, Autor), Bruno Kreisky (Österreichischer Bundeskanzler) u.a.
Die Fotografien und Interviews stellte sie in der Publikation Jüdische Portraits (1. Auflage: 1989) gegenüber. Entstanden ist daraus das Porträt jener jüdisch-deutschen Generation, die die Zerschlagung ihrer Kultur miterleben musste und ihren Verlust überlebte. Vor diesem Hintergrund ist Herlinde Koelbls Arbeit als historisch überaus aufschlussreiches Zeitdokument zu lesen und bedeutet ein wertvolles geschichtliches Unternehmen – nicht zuletzt deshalb, weil heute nur mehr wenige der Interviewten noch am Leben sind.
Am 31. Oktober 1939 in Lindau (am Bodensee) geboren, lebt und arbeitet Herlinde Koelbl in Neuried bei München. Die gelernte Modedesignerin wechselte in den 1970er-Jahren, als Autodidaktin, zur Fotografie. Im Zentrum ihres Œuvres steht immer der Mensch. Insbesondere mit ihren Foto-Arbeiten beweist sie ihr besonderes Talent für das Porträtieren von Milieus und Personen. Herlinde Koelbl befasst sich meist intensiv, oft über mehrere Jahre hinweg, mit gesellschaftspolitisch brisanten Themen. Dies mag wohl mit ein Grund dafür gewesen sein, warum sie seit Ende der 1980er-Jahre zu den in Deutschland meistdiskutierten FotografInnen zählt. Parallel zu ihren Büchern, die stets das Zentrum ihrer künstlerischen Arbeit sind, veröffentlichte sie häufig themengleiche Dokumentarfilme. Koelbl fotografierte außerdem für Printmedien wie den Stern, die Zeit und die New York Times.
Wir bedanken uns bei Robert La Roche für seine Unterstützung.